DIE GESCHICHTE DES CIRCUS BUSCH-ROLAND
Paul Busch (1850 – 1927), Sohn eines Berliner Weinhändlers, späterer Kavallerist und Reitlehrer, gründete 1884 mit seiner begabten Frau Constanze den Circus Busch. 1895 eröffnete er in der Reichshauptstadt einen prunkvollen, 3.500 Besucher fassenden Circuspalast, der bald als Heimstatt klassischer, zugleich auch zeitgemäßer circensischer Kunst galt. Tochter Paula Busch (1886 – 1973) führte das Unternehmen, das in Hamburg, Breslau und Wien weitere feste Häuser unterhielt, ab 1918 mit jugendlichem Elan und schriftstellerisch beflügelter Phantasie durch vier bewegten, von Krisen und kriegsbedingten Zerstörungen gezeichneten Jahrzehnte .
Der Journalist Will Aureden (1902 – 1980) verwirklichte mit seiner aus Bremen stammenden Gattin Ada (1911 – 1997) einen Jugendtraum, als er 1948 den Circus „Roland-Bremen“ auf die Reise schickte, der sich bald als „Norddeutschlands größter Circus“ einen bleibenden Platz in der üppig bestückten Manegenlandschaft der damaligen Bundes- republik zu sichern wusste. Aureden arrangierte 1963 eine Kooperation mit der großen Dame des Deutschen Circus, Paula Busch. Die tapfere Prinzipalin hatte 1952 ein glanzvolles Come-Back mit ihrem Zelt-Circus „Busch-Berlin“ erlebt. In einer sich rasch verändernden Welt musste sie jedoch zehn Jahre später Konkurs anmelden. Damit wäre die Busch-Ära für immer ins Reich der Circuslegenden gewandert.
Ein Kriminalist wurde Circusdirektor...
Der Hamburger Heinz Geier (1923 – 1994), ab 1961 in verantwortungsvoller Position im Circus Roland tätig, hatte beim Aushandeln der Fusion eine durchaus aktive Rolle gespielt. Paula Busch, auch von ihm stets ehrfürchtig mit „Madame“ angesprochen, zeigte sich von Geiers umfassendem Fachwissen und geschäftlicher Umsicht beeindruckt. Sie hatte Vertrauen zum einst als Kriminalist geschulten Circusmann und stieg als Kommanditistin in eine von ihm neu gegründete Firma „Circus Busch-Berlin“ ein, womit der Fortbestand des traditionsreichen „Labels“ gesichert war. Mit dem „Doppel-Circus Busch-Berlin und Roland-Bremen“ begann ein neues Kapitel der Unternehmensgeschichte
In der Welt der Artistik war es durchaus üblich, den Namen eines Lehrmeisters, eines großen Vorbildes, dem eigenen Nachnamen hinzuzufügen. Heinz Geier tat es ebenso - nachdem Will Aureden seinem Hauptgeschäftsführer bereits 1970 sämtliche Vollmachten übertragen hatte, begann der „Doppel-Circus“ die Saison 1971 mit Heinz Geier-Busch als Direktor, der sich im darauf folgenden Jahr als Eigentümer eines der renommiertesten Circusunternehmen Deutschlands bezeichnen konnte. An seiner Seite, in unermüdlichem Einsatz, Gattin Ingrid (geb. 1930), die er 1956 aus dem westfälischen Gladbeck, wo sie gewerkschaftlich engagiert war, weggeheiratet hatte.
Busch-Roland trotzte dem Kalten Krieg
Unter Heinz Geier-Busch errang der Circus Busch-Roland internationales Ansehen: nicht nur Österreich, Frankreich und die Beneluxländer standen regelmäßig auf den Routeplänen des aufstrebenden Circus-Chefs. Sondergastspiele im Rahmen spezieller Kulturprogramme in Rumänien (1974) und Ungarn (1975), wo das komplette Programm in den festen Circusbauten von Bukarest bzw. Budapest monatelang stürmische Erfolge feiern konnte, waren zu Zeiten des „Kalten Krieges“ eine kleine Sensation ! Und mit der Verpflichtung der Manegen-Ikone Ursula Böttcher dokumentierte Heinz Geier-Busch 1988 die jahrelange deutsch-deutsche Kooperation mit dem Staatszirkus der DDR. Der Erwerb dessen Betriebsteil „Busch“ in den Jahren nach Wende und Wiedervereinigung sicherte auch dem ostdeutschen Publikum den Erhalt einer geschätzten Tradition.
Nach dem unerwarteten Tode seines Vaters im Jahre 1994 machte Sohn Oliver Geier-Busch (geb. 1957) durch kaufmännische Neuorientierungen und erfrischende Inszenierungen, wie „Antoschka’s Traum“ (1995 – 1997) von sich reden. Vielen jungen, talentierten Künstlern wurde seine Manege zum Sprungbrett zur internationale Karriere. Und vor allem die Clowns der „neuen Schule“ aus Moskau hatten es ihm angetan – mit ihnen machte er den Circus fit fürs 21. Jahrhundert. Er stilisierte sie zu wirklichen Stars der Manege, in der artgerecht vorgeführte Tiergruppen und hochkarätige Artistik nach wie vor den klassischen Circus ausmachen.
Feuerprobe bravourös bestanden
Heinz Geier-Busch hatte seinen Filius bereits als Teenager auf vitalen Posten im Unternehmen eingesetzt. Ein Investment in die Zukunft, das Oliver zum Allround-Fachmann schliff und den Fortbestand des Unternehmens sicherte. Der 48-jährige Circus-Chef machte es August 2004 seinem unvergessenen Vater nach: Sohn Filip, ganze 25 Jahre jung, mütterlicherseits mit purem Artistenblut beerbt, sollte Ideen und Fähigkeiten der kommenden Generation in die tägliche Realität des harten Circusalltags umsetzen. Für Vater und Sohn ein mutiger Schritt. Die führenden Medien der sächsischen Landeshauptstadt Dresden attestierten Filip Geier-Busch, der „den neunten und schönsten Weihnachts-Circus den uns Busch-Roland bislang bescherte“ inszenierte, einen glanzvollen Einstand. Und mit der Feststellung „Feuerprobe bestanden“ gratulierten die Dresdner Kritiker dem jüngsten Circusdirektor Deutschlands zum Start ins größte Abenteuer seines Lebens.
Berliner Flair hat den Circus Busch 120 Jahre lang jung gehalten – nobles, hanseatisch geprägtes Handeln begleiteten ihn bis ins 21. Jahrhundert. Mit der „ruhigen Hand“ der Generation von Morgen wird Filip Geier-Busch ein neues Blatt einer nicht enden wollenden Geschichte aufschlagen...
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